1. Generation: Porsche 911 Turbo 3.0 (930)
Das Beste aus dem Rennwagenbau für die Straße
Mit der ersten serienmäßigen Turbo-Version des Elfers schwimmt Porsche im Jahr 1974 gegen den Strom. Selbst innerhalb des Unternehmens gibt es Zweifel, ob ein solches Topmodell angesichts der Ölkrise zeitgemäß sei. Die begeisterte Kundschaft stellt die Notwendigkeit keine Sekunde infrage, im Gegenteil. Zu verlockend ist die Fahrdynamik des Hochleistungssportlers, abgeleitet aus dem Rennsport, angereichert mit einer besonders komfortablen und luxuriösen Innenausstattung. Ursprünglich plant Porsche den 911 Turbo als prestigeträchtige Kleinserie, doch dann übertreffen die Verkaufszahlen alle Erwartungen. Vom 911 Turbo 3.0, dem ersten seiner Art mit ladedruckgesteuertem Abgasturbolader, intern 930 genannt, produziert Porsche bereits in den ersten drei Modelljahren 2.850 Einheiten. Der Sportwagen mit 191 kW (260 PS) bringt viele Details aus dem Rennwagenbau auf die Straße, unter anderem die steifen Radträger vom 917 und die Kinematik der Vorder- und Hinterachse vom 911 Carrera RSR. Die Fahrleistungen des ersten Turbos sind im Jahr 1974 im Grenzbereich der Vorstellungskraft. Der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt in 5,4 Sekunden. Mit mehr als 250 km/h ist die Höchstgeschwindigkeit ebenfalls fast unvorstellbar. Angesichts der explosiven Kraftentfaltung des Turbo-Triebwerks kann ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit nicht schaden. Schnell erhält der 911 Turbo der ersten Generation den Ruf, ein Sportwagen für echte Männer zu sein. Vielleicht zählen gerade deswegen viele Frauen zum Kreis der Turbo-Kunden. Allen voran Louise Piëch, die 1974 den ersten 911 Turbo von ihrem Bruder Ferry Porsche erhält. Zum 70. Geburtstag schenkt er ihr im Namen aller Mitarbeiter ein Einzelstück mit schmaler Karosserie und aufgeladenem 2,7-Liter-Versuchsmotor.
Eines der Erfolgsgeheimnisse bei Porsche ist die ständige technische Weiterentwicklung der Modelle. Stets mit dem Ziel im Blick, dem Ideal von einem perfekten Sportwagen jedes Mal etwas näher zu kommen. Dem Ideal, auf das Ferry Porsche Zeit seines Lebens hingearbeitet hat. Im Modelljahr 1977 ziehen eine Ladedruckanzeige, 16-Zoll-Felgen und Bremskraftverstärker in den 911 Turbo ein.
2. Generation Porsche 911 Turbo 3.3 (930)
Mehr Hubraum und eine Weltneuheit
Für die zweite Turbo-Generation des Elfers erweitert Porsche zum Modelljahr 1978 den Hubraum auf 3,3 Liter und positioniert einen Ladeluftkühler unterhalb des Heckspoilers. Eine Weltneuheit beim Bau eines Serienfahrzeugs, wieder aus dem Rennsport. Für die Gesamtleistung von 221 kW (300 PS) bei 5.500/min und ein maximales Drehmoment von 412 Newtonmetern ist es entscheidend, die Ansaugtemperatur der Ladeluft zu verringern. Eine vom Porsche 917 abgeleitete Leichtmetall-Bremsanlage mit innenbelüfteten Bremsscheiben bringt das Spitzenmodell zum Stehen. Was sich im Motorsport bereits bewährt hat, ist auch auf der Straße bei einer möglichen Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h eine gute Lösung. Der Sportwagenhersteller verbessert die zweite Generation des intern weiterhin 930 genannten 911 Turbo bis ins Jahr 1989 jährlich in Details. Wie schon seinen Vorgänger feiern Automobil-Enthusiasten den 911 Turbo 3.3 als einmalige Kombination aus Leistung und Luxus. Porsche reagiert Ende der Siebzigerjahre auf Nachfrage nach Individualisierungsmöglichkeiten mit einem umfangreichen Sonderwunschprogramm. Ab 1983 ist es Käufern beispielsweise möglich, die Turbo-Karosserie in einer Flachbau-Variante mit Klappscheinwerfern aus dem 944 zu bestellen – optisch angelehnt an den seriennahen Rennwagen Porsche 935. Auf Wunsch ist außerdem eine Leistungssteigerung um 22 kW (30 PS) möglich. In Kombination mit der Flachbau-Variante erreicht der 911 Turbo dann eine Höchstgeschwindigkeit von 275 km/h. Im Frühjahr 1987 präsentiert Porsche das erste 911 Turbo Cabriolet. Gemeinsam mit dem 911 Turbo Targa bildet das Duo die Speerspitze im Verkaufsprogramm. Als Sonderwunsch ist – ohne Aufpreis – ein elektrisches Verdeck erhältlich. Auch das ist eines der Erfolgsgeheimnisse bei Porsche, dass Leistung und Luxus im Turbo verschmelzen.
3. Generation: Porsche 911 Turbo (964)
Mehr als 85 Prozent aller Teile sind neu
Oft sind es Jubiläen, die eine neue Ära einläuten. Bei Porsche ist es der 25. Jahrestag des Elfers, mit dem im November 1988 ein neuer Abschnitt beginnt: der Sportwagenhersteller präsentiert den allradangetriebenen Porsche 911 Carrera 4 der intern 964 genannten Generation und zeigt, dass er konkurrenzfähig bleibt. Die zentralen Forderungen während der Entwicklung lauten: höhere Leistung und die Erfüllung strengster Abgasnormen. Bis zur Weltpremiere des Fahrzeugs hat Porsche mehr als 85 Prozent aller Bauteile des Elfers überarbeitet. Die Speerspitze der Elfer-Generation 964 ist erneut der Turbo. Ab 1990 steht das Top-Modell mit 235 kW (320 PS) beim Händler. Als Antrieb dient der überarbeitete 3,3-Liter-Turbomotor, der einen serienmäßigen Dreiwege-Metall-Katalysator erhält. Eine Besonderheit ist das Bypass-Endrohr, das mit einem Katalysator und Schalldämpfer ausgerüstet ist. Die durch den Bypass geleiteten Abgase müssen nicht mehr durch den regulären Katalysator geführt werden, sodass kein zusätzlicher Staudruck entsteht. Zwei Jahre später erweitert Porsche erneut den Hubraum, diesmal auf 3,6 Liter mit 265 kW (360 PS). Bei der Entwicklung des Motors geht es hauptsächlich darum, im unteren Drehzahlbereich mehr Drehmoment zu generieren, allen voran für Fahrten im Stadtverkehr oder auf Landstraßen. Durch den vergrößerten Hubraum beginnt auch der Aufbau des Ladedrucks früher. Das Ergebnis ist ein weicheres Einsetzen des Turboladers, der nun schon bei mittleren Drehzahlen den charakteristischen Schub entfaltet. Die Höchstgeschwindigkeit erreicht der 911 Turbo bei 270 km/h. Das 20 Millimeter tiefergelegte und neu abgestimmte Fahrwerk lässt Lenkbewegungen noch direkter wirken. Optisch verändert sich der typische Turbo-Look durch rote Bremszangen und ein neues Heck-Mittelteil. Was trotz der Überarbeitung von 85 Prozent aller Bauteile bleibt, ist das, was alle Elfer miteinander verbindet: die Porsche-DNA.
4. Generation: Porsche 911 Turbo (993)
Die Idee Leistung völlig neu definiert
Mit den provokanten Worten „Kills bugs fast“ bewirbt Porsche den 911 Turbo der Generation 993 in den USA. Fast drei Jahrzehnte später zaubert der Slogan der Werbeanzeige Porsche-Enthusiasten noch immer ein Lächeln ins Gesicht. Im März 1995 präsentiert der Sportwagenhersteller den 911 Turbo auf dem Genfer Automobilsalon, der einmal mehr die Innovationsfähigkeit des Unternehmens beweist. Die Entwickler haben das „Turbo-Loch“ beim Beschleunigen auf ein bisher nicht gekanntes Minimum reduziert. Möglich war das durch den Einsatz von zwei kleinen Turboladern anstelle eines großen. Der so bestückte 3,6-Liter-Motor besitzt eine Leistungscharakteristik, die einem hubraumstarken Saugmotor ähnelt. Bereits ab 2.000 Umdrehungen entwickelt das Triebwerk des Hochleistungssportwagens reichlich Schub. Der Turbo begeistert außerdem mit einer ausgefeilten Aerodynamik und serienmäßigem Allradantrieb. Letzterer sorgt für mehr Fahrsicherheit bei hohen Geschwindigkeiten und rutschigen Untergründen. In Extremsituationen erhöht sich das auf die Vorderachse wirkende Motordrehmoment von fünf auf 40 Prozent. In 4,5 Sekunden gelingt der Spurt von null auf hundert, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 290 km/h. Die eigentliche Revolution des von 1995 bis 1998 angebotenen Sportwagens ist jedoch die Kombination aus 300 kW (408 PS) und 540 Nm. Für eine noch bessere Dynamik legt Porsche das Fahrwerk tiefer und strafft es. Ein neuer Flügel stabilisiert den Heckbereich und wiegt gerade einmal die Hälfte von dem des Vorgängermodells. Erstmals verbaut Porsche 18-Zoll-Felgen aus Aluminium in Hohlspeichen-Technik. Das spart drei Kilogramm Gewicht pro Felge und ist eine Weltneuheit. In den Jahren 1995 bis 1998 fertigt Porsche 6.015 Exemplare des Turbos. Auch die letzten Worte der Werbeanzeige weisen darauf hin, dass ein Turbo als Speerspitze seines Segments unübertreffbar ist: „Porsche. There is no substitute.“
5. Generation: Porsche 911 Turbo (996)
Wasserkühlung als Novum in der Turbo-Historie
Diesmal ist alles neu. Von der ersten bis zur letzten Schraube. Erstmals wird ein Elfer von einem wassergekühlten Vierventil-Sechszylinder-Boxermotor angetrieben. Erstmals verfügt er optional über eine Fünfgang-Tiptronic S und die Keramik-Verbundscheibenbremsen PCCB. Den Porsche 911 Turbo der Generation 996 kündigt der Sportwagenhersteller auf der Frankfurter Automobilmesse IAA im Jahr 1999 mit 309 kW (420 PS) und einem Drehmoment von 560 Newtonmetern an. Pünktlich zum 25-jährigen Turbo-Jubiläum begeistert Porsche Fans und Journalisten gleichermaßen mit Leistung und Stärke. Die Zahlen sprechen für sich: 4,2 Sekunden von null auf hundert machen ihn schneller als einen 911 GT3. Bei seiner Markteinführung Anfang der 2000er-Jahre ist er der schnellste jemals produzierte 911 mit Straßenzulassung. Erstmals seit 1987 bietet Porsche ab dem Sommer 2003 wieder ein 911 Turbo Cabriolet an. Um die enorme Kraft bestmöglich auf die Straße zu bringen, verbaut Porsche serienmäßig Allradantrieb. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 305 km/h startet der 911 Turbo in den elitären Club der 300-Stundenkilometer-Sportwagen. Mit seinem Design grenzt sich der Turbo klar vom Carrera ab, nicht nur mit typischen Merkmalen wie den breiten Kotflügeln und dem ausladenden Heckspoiler. Aufgrund der höheren Motorleistung ist die Gesamtfläche der Kühler gegenüber dem 911-Saugmotor um die Hälfte gestiegen, was sich an drei großen, dunkel verkleideten Kühlluftöffnungen in der Frontschürze bemerkbar macht. Für die perfekte Ansicht von hinten verbaut Porsche einen neuen ausfahrbaren Flügel und verkleidet das Heck mit Luftaustrittsöffnungen wie beim Supersportwagen 959. Es dauert nicht lange, bis die Nachfrage nach diesem Modell alle Erwartungen in Zuffenhausen übertrifft. Bereits im ersten Produktionsjahr stockt Porsche die geplante Stückzahl von 2.500 auf 4.000 auf. Insgesamt fertigt der Sportwagenhersteller 20.499 Exemplare bis einschließlich Modelljahr 2005.
6. Generation: Porsche 911 Turbo (997)
Gewohnt alltagstauglich und stärker denn je
Die sechste Turbo-Generation startet im Juni 2006 mit 353 kW (480 PS). Als erstes Serienfahrzeug mit Benzinmotor verfügt das Triebwerk des 911 Turbo der Elfergeneration 997 über Turbolader mit variabler Turbinengeometrie (VTG). Der Einsatz dieser Technologie ermöglicht es, den kompletten Abgasstrom bei jeder Drehzahl optimal für die Aufladung zu nutzen. So erklärt sich die Leistungssteigerung um 44 kW (60 PS) im Vergleich zum Vorgängermodell bei unveränderter Hubraumgröße von 3,6 Litern. Das Drehmoment steigt ebenfalls um 60 von 560 auf 620 Newtonmeter. In Verbindung mit dem optionalen „Sport Chrono Paket Turbo“ lässt sich bei voller Beschleunigung per Knopfdruck ein sogenannter Overboost aktivieren. Dabei steigt das Drehmoment bis zu zehn Sekunden lang um 60 auf 680 Newtonmeter, der Ladedruck im mittleren Drehzahlbereich um 0,2 bar. Der Sprint von 80 auf 120 km/h gelingt in diesem Modus in 3,5 Sekunden – 0,3 Sekunden schneller als sonst beim handgeschalteten 911 Turbo. Von null auf hundert braucht der turboaufgeladene 997 mit Sechsgang-Schaltgetriebe 3,9 Sekunden. Schon ein Jahr nach dem Marktstart präsentiert Porsche das 911 Turbo Cabriolet, dessen Stoffverdeck sich innerhalb von nur 20 Sekunden öffnet und schließt. Der 3,6-Liter-Motor weicht nach der Modellpflege im Jahr 2010 dem Motor mit 3,8 Litern Hubraum und 368 kW (500 PS). Das maximale Drehmoment erhöht sich im Zuge der Produktaufwertung um 30 auf 650 Newtonmeter. Erstmals bietet Porsche das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (PDK) als Option zum Sechsgang-Schaltgetriebe. Wie auch seine Vorgänger vereint der Turbo der Generation 997 das Beste aus allen vorherigen Modellen garniert mit der technischen Evolution und einem Blick in die Zukunft.
7. Generation: Porsche 911 Turbo (991)
Mit Hinterachslenkung für noch dynamischere Kurvenfahrten
Bei den Turbo-Modellen der Generation 991 gilt es erneut für Porsche, die Fahrdynamik auf ein neues Level zu heben und sich abermals selbst zu übertreffen. So zieht 2013 die mitlenkende Hinterachse in den 383 kW (520 PS) starken 911 Turbo ein, die ihn einerseits noch flinker in Kurven, andererseits noch spurstabiler bei hohen Geschwindigkeiten auf der Autobahn macht. Ab 80 km/h schlagen die Vorder- und Hinterräder in die gleiche Richtung ein, unter 50 km/h lenken sie in die entgegengesetzte Richtung. Außerdem überarbeitet Porsche das Siebengang-Doppelkopplungsgetriebe PDK, sodass noch schnellere Schaltwechsel möglich sind. Für eine bessere Aerodynamik verfügt der 911 Turbo über einen mehrstufig ausfahrbaren Bugspoiler sowie einen Heckflügel, der sich in Höhe und Neigungswinkel einstellen lässt. Das presst den Hochleistungssportwagen der Generation 991 besonders effektiv auf die Fahrbahn. Im Rahmen der Modellpflege erhält der 911 Turbo 15 kW (20 PS) mehr als sein Vorgänger. Er knackt die Hundertermarke in drei Sekunden und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h. Der Motor verfügt über die Funktion Dynamic Boost, die den Ladedruck bei kurzem Lösen des Gaspedals weiterhin erhält. Auf das erneute Gasgeben nach einem Lastwechsel reagiert der Motor praktisch verzögerungsfrei. Das Sport Chrono-Paket enthält mit dem Sport Response Button eine Neuerung, zu der sich Porsche aus dem Rennsport hat inspirieren lassen. Das Ansprechverhalten von Motor und Getriebe lässt sich per Knopfdruck einstellen. Damit beschleunigt der Turbo bis zu 20 Sekunden lang optimal, beispielsweise auf der Überholspur. Im Kombiinstrument läuft währenddessen ein Countdown ab, um den Fahrer über den Zeitablauf zu informieren.
8. Generation: Porsche 911 Turbo (992)
Ohne Wenn und Aber
Das wichtigste Erfolgsgeheimnis eines Turbo-Modells aus Zuffenhausen ist seit jeher die technische Evolution. So freut es Porsche-Enthusiasten sehr, aber überrascht sie wenig, dass der aktuelle 911 Turbo der Elfer-Generation 992 die magische Grenze von drei Sekunden beim Sprint auf hundert um 0,2 Sekunden unterbietet. Wie all seine Vorgänger tritt auch der 427 kW (580 PS) starke Turbo ab 2020 ein großes Erbe an. Jede Generation vor ihm schrieb den Ruf als weltweite Referenz für Hochleistungssportwagen fort. Die jüngste Generation des 2+2-Sitzers ist mehr als doppelt so stark wie der erste Turbo mit Dreiliter-Sechszylinder, einem einzelnen Lader und 191 kW (260 PS). Optisch ist der 911 Turbo im Vergleich zu seinem direkten Vorgänger muskulöser geworden, 20 Millimeter breiter an der Hinterachse, 45 Millimeter über der Vorderachse. Der aktive Bugspoiler und der variable Heckspoiler sind ebenfalls gewachsen. Die Ladeluftkühler befinden sich im Luftstrom unter dem Heckdeckel, über die Lufteinlässe in den Fondseitenteilen saugt der Sportwagen künftig Prozess- statt wie bisher Kühlluft. Obwohl der 911 Turbo über die Jahre schneller, größer und komfortabler geworden ist, hat er sich seine Grundcharakteristik stets bewahrt. Er verbindet Sportlichkeit mit Alltagstauglichkeit, Emotionalität mit Zuverlässigkeit und Dynamik mit Effizienz. Er bewahrt die Porsche-DNA, mit der es der Sportwagenhersteller geschafft hat, Geschichte zu schreiben. Immer wieder.